Laufzeit: 23. Mai bis 12. Juli 2025
Eröffnung: 22. Mai um 18 Uhr
Ort: Garten des Frommannschen Anwesens, Fürstengraben 18, 07743 Jena
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 8 bis 20 Uhr
Eintritt frei
↗ Veranstaltungen zur Ausstellung
In der Gartenausstellung sukzessive begegnen sich die künstlerischen Positionen von Mira Friedrich und Ulrike Mohr erstmals. Der aus der Biologie entlehnte Begriff der ‚Sukzession‘ führt die beiden thematisch zueinander, und lädt zur Auseinandersetzung im Zwischenfeld von Kunst und Ökologie ein: Wie blicken wir auf unsere Beziehung und Anwesenheit in der Natur und wie auf menschliche Eingriffe?
Die Ausstellung erforscht natürliche Prozesse und Zyklen des Wachstums, des Verfalls und der (Um-)Wandlung und fragt danach, was sich in unserer Betrachtungsweise verändert, wenn künstlerische, ästhetische und ökologische Perspektiven in eine Nähe zueinander gebracht werden. Dabei spiegelt sie unterschiedliche Weisen menschlicher Bezugnahme auf ‚die Natur‘ wider und verdeutlicht, mit welcher Aufmerksamkeit dies alltäglich geschieht.
Die großformatigen Holzskulpturen von Mira Friedrich, die den Gartenraum durch ihre physische Präsenz fast wie Subjekte einnehmen, treten uns als Fremdes gegenüber. Zugleich macht sie das Kleine und Unbeachtete, das wir sonst am Wegesrand übersehen, wie die herabgefallene Schote, sichtbar. Oder sie konfrontiert uns mit dem Lebendigen, das wir häufig gerade übersehen wollen, weil es in uns Gefühle des Unbehaglichen und Ekligen erwecken kann, wie etwa der überdimensionierte Wurm im Efeu.
Dem lebendigen, vergleichsweise schweren Werkstoff Holz gegenübergestellt, symbolisiert das tote und zerbrechliche Material der Holzkohle, die Endlichkeit des Lebens, die Gefährdung der Natur und gleichzeitig dessen Bewahrung.
Ulrike Mohrs ortsspezifische Kunstwerke aus Holzkohle assimilieren und transformieren die Formensprache künstlich angelegter Gärten und reflektieren dessen Repräsentation. Gleichzeitig fügen sie sich in das Ökosystem des Gartens ein, indem sie sich seinen Wachstumsprozessen anvertrauen. So bahnt sich über die Dauer der Ausstellung sukzessive Grün seinen Weg durch das schwarze Terra-Preta-Beet, während Efeu den von ihr gewebten karbonisierten Teppich umrankt.
Die Künstlerinnen
Mira Friedrich
„Mit der Zeit wird die Natur die Werke sich wieder aneignen. Sie wird anfangen, drumherum zu wachsen, darauf oder darin, neues Leben entstehen zu lassen, und lässt somit dann auch die Menschen gemachten Objekte wieder Teil eines Kreislaufs werden. […] So wird die Witterung Einfluss auf die Färbung des Holzes von der Schote und von dem Wurm haben […]. Und bei der Herde ist es von vornherein eingeplant, dass die Umweltbedingungen Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild dieser Skulpturengruppe haben. [I]ch würde es total toll finden, wenn sich [da] noch mal Fruchtkörper bilden, die aus dem Holz herauswachsen, aber wir werden sehen. Außerdem erhoffe ich mir natürlich, auch eine Wirkung der Arbeiten auf die Besucher*innen des Gartens, die ja im weiter gefassten Sinne und für den kurzen Zeitraum der Ausstellung auch Teil des Ökosystems sind.“
(Zitat von Mira Friedrich, entnommen aus Interviewaufnahmen der von Studierenden entwickelten Audiocollage zur Ausstellung)
In ihren Werken aus Textilien, Holz und Keramik beschäftigt sich Mira Friedrich mit der Evolution alles Lebendigen und dessen natürlichen Stoffwechselprozessen. Dafür vergrößert Friedrich Samen verschiedener Blüten, näht endloslange bunte Bandwürmer oder bereitet Mikroorganismen selbst eine Behausung innerhalb ihrer Skulpturen. Friedrich spielt mit unserer gewohnten Natur- und Selbstwahrnehmung, stellt sie auf den Kopf oder führt sie ad absurdum, ohne dabei das eine oder das andere völlig unkenntlich und bedrohlich erscheinen zu lassen. Dadurch verändern sich notwendigerweise die Größenverhältnisse zwischen Mensch, Tier und Pflanze. Friedrich konfrontiert uns mit der Absurdität eingeschriebener Deutungen und Vorstellung über die Natur und bemisst unseren vermeintlichen Abstand zu ihr neu.

*1989, lebt und arbeitet in Dresden. Ihr Diplom an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, in der Klasse Brandmeier wird sie 2025 abschließen, ein Meisterstudium bei Nevin Aladag wird folgen. Zuvor absolvierte sie nicht nur eine Ausbildung zur Holzbildhauerin in Oberammergau, sondern auch eine Ausbildung zur Tischlergesellin bei der Tischlerei ‚astrein‘ in Rinkerode. Ihre Arbeiten wurden bereits in mehreren nationalen Gruppen- und Einzelausstellungen gezeigt. Für den Frommannschen Garten entwickelt sie größtenteils neue Skulpturen, darunter ist eine Reinterpretation der Arbeit „I once was an egg“ (Wangeliner Garten 2021) vorgesehen.
Ulrike Mohr
„Für mich […] wäre eine gute Vorstellung für diesen Frommannschen Garten, dass sich dort Arbeiten befinden, die anwesend sind, ohne sich mir in den Vordergrund zu drängen, die man vielleicht auch beim zweiten, dritten oder vierten Mal über diesen gesamten Zeitraum der Ausstellung beobachtet, um einfach auch diese Veränderung dessen, was passiert, zu beobachten. Gerade das schwarze Beet wird so angelegt sein, dass dort Pflanzen wachsen werden. Der geköhlerte Teppich an der Efeuwand wird sich mit dem Efeu verweben, das ist ein natürlicher Vorgang, der sich am ehesten mit dem Begriff des Wachsens umschreiben lässt. Auch die Besucher*innen wachsen sozusagen mit der Arbeit im Garten zusammen, indem sie sie beobachten.“
(Zitat von Ulrike Mohr, aus der von Studierenden entwickelten ausstellungsbegleitenden Audiocollage entnommen)
In ihren Werken setzt sich Ulrike Mohr mit den ästhetischen Möglichkeiten und widersprüchlichen Eigenschaften des vielseitigen Materials der Holzkohle auseinander. Dafür hat sie die jahrhundertalte Kulturtechnik des Köhlerns erlernt, der selbst eine Geschichte zwischen Industrie und Kultur eignet. Sie lässt Zeichnungen im Innenraum entstehen, nutzt die Leichtigkeit des Werkstoffs für schwebende, klingende Installationen, oder führt nun im Außenraum des Frommannschen Gartens die Kohle, an die Land Art anknüpfend, wieder der Natur zu: indem sie die karbonisierten Objekte mit der Umgebung verwebt oder aus ihr fruchtbare Erde entstehen lässt. Dafür macht sie sich das Prinzip der Umwandlung zu Nutze und befragt damit feinsinnig Material und Verfahren auf seine Zukunftsträchtigkeit hin. Für den Frommannschen Garten produzierte sie ortsspezifische Arbeiten.

Veranstaltungen zur Ausstellung
Donnerstag, 22. Mai, 18 Uhr, im Frommannschen Garten
Eröffnung mit Redebeiträgen, den Künstlerinnen und einer Sound-Performance von Gregor Kieseritzky, https://www.gregorkieseritzky.de
Freitag, 23. Mai, 18 bis 20 Uhr, im Frommannschen Garten
Öffnung des Gartens zur Langen Nacht der Museen, Rundgang mit Ausstellungsassistentin Livia Stier um 19 Uhr
Donnerstag, 5. Juni, 18 Uhr (Veranstaltungsort wird bekannt gegeben)
Köhlernächte (Dokumentarfilm, Robert Müller, 2017): Filmabend mit Diskussion, in Kooperation mit dem Filmclub von Studierenden der Kunstgeschichte und Filmwissenschaft
Sonntag, 15. Juni, 14 bis 17 Uhr, im Frommannschen Garten
Öffnung des Gartens zum Tag der Offenen Gärten, Rundgang um 15 Uhr mit den Kuratorinnen und der Ausstellungsassistentin Livia Stier
Samstag, 21. Juni, 13 bis 19 Uhr in der Galerie des Jenaer Kunstvereins
Begleitende Vermittlungsausstellung Von der Kunst des Nachrückens, entwickelt von Schüler:innen der Montessori-Schule Jena, Rodrigo Arteaga Abarca und Lea Willim
Donnerstag, 3. Juli, 18 Uhr, im Frommannschen Garten
Kuratorinnenrundgang mit Hannah Chodura und Marlen Katz
Samstag, 5. Juli, 14 Uhr (Treffpunkt wird bekannt gegeben)
Waldspaziergang mit Thomas Medicus und Florian Steinebrunner vom Institut für Ökologie und Evolution der Uni Jena
Audiocollage
Begleitend zur Ausstellung haben Studierende der Kunstgeschichte und Filmwissenschaft zum Frommannschen Skulpturengarten 2025 eine Audiocollage entwickelt, die Beiträge aus verschiedenen Blickwinkeln und Disziplinen versammelt und Hintergründe zur Ausstellung transportiert. Mit der Eröffnung der Ausstellung wird die Hörerfahrung über einen QR-Code vor Ort zugänglich sein oder kann bald alternativ über diese Website abgerufen werden (Verlinkung folgt). Gefördert wird die Audiocollage vom Öffentlichkeits- und Kulturreferat der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Der Frommannsche Skulpturengarten ist eine Kooperation des Jenaer Kunstvereins mit dem Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Die Ausstellung wird gefördert von: