Der Jenaer Kunstverein zeigte im Sommer 2023 Skulpturen des Künstlers Martin Willing im Botanischen Garten zur Ausstellung windbewegt – Metallskulpturen, vorgespannt gegen die Schwere.
Ein viel geäußerter Wunsch während dieser Ausstellung war es, dass die Skulptur Orbital dauerhaft hier ihren Platz finden soll.
Martin Willing hat eingewilligt, dass die Skulptur bis Mai 2024 im Botanischen Garten Jena bleiben kann. Damit gibt es ein Zeitfenster, in dem eine Lösung gefunden werden kann.
Es werden jetzt Kunstbegeisterte gesucht, die dazu etwas beisteuern möchten oder die die Skulptur ankaufen und sie z.B. als Dauerleihgabe dem Botanischen Garten zur Verfügung stellen wollen.
Eine kleine Finanzierungsidee gibt es auch bereits: Der Künstler bringt eine Sonderedition eines kleinen Orbitals heraus, das Sie für 2.500 € erwerben können. Von dieser Summe fließen jeweils 1.500 € in den Ankaufs-Etat.
Orbital, 2023
Vorzugsausgabe (8 Exemplare)
Chrom-Nickel-Federdraht,
gebogen, vorgespannt auf Edelstahlplatte
Höhe 50 cm,
kleinster Ø 2 cm,
größter Ø 22 cm
Vorzugspreis € 2.500
Sie sind interessiert an einem kleinen Orbital aus der Sonderedition und wollen das Vorhaben zur dauerhaften Aufstellung der Skulptur im Botanischen Garten jena unterstützen? Dann schreiben Sie bitte per Mail direkt an den Künstler Martin Willing.
Informationen zum Künstler
Martin Willing wurde 1958 in Bocholt geboren. Er lebt und arbeitet in Köln.
Durch die besondere Kombination seines Kunststudiums mit dem der Physik entwickelte Martin Willing die Fähigkeit, seinen Metallskulpturen durch das ihnen innewohnende Schwingungsvermögen eine unvermutete Leichtigkeit zu geben. Die Beweglichkeit seiner Skulpturen entsteht nicht durch Scharniere und Gelenke, sondern durch Schwingung in der Tiefe des Materials.
Informationen zur Skulptur “Orbital”
Entstehung und Aufbau der Skulptur Orbital
von Martin Willing
Ein Orbital bezeichnet eine räumliche Darstellung des Ortes, an dem sich ein Elektron um ein oder mehrere Atomkerne aufhalten kann. Auch dort sind es nur bestimmte diskrete Orte (Energiezustände, Schalen), die es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit einnehmen kann.
Der Raum, den der Stab beim Schwingen abtastet, das stufenweise Anwachsen der Bögen von innen nach außen, habe ich deshalb mit dem Begriff „Orbital“ aus der Welt der Atome verbunden und die Skulptur so genannt.
Der erste Entwurf des Orbitals
entstand 1997 aus einem 6 Meter langen Federdraht. Dieser mäandert, nachdem er zunächst von der Grundplatte aus senkrecht nach oben steigt, in Bögen auf und ab und spiralig nach außen. Ein Bogen öffnet sich nach unten, der nächste nach oben, dann wieder nach unten…
Von oben betrachtet erkennt man, dass die Bögen jeweils um 90 Grad verdreht sind und zusätzlich nach jedem zweiten Bogen im Radius anwachsen.
Mit jedem Bogen, der hinzugefügt wird, wird die Skulptur länger und unstabiler und schwingt ein wenig langsamer, bis eine Grenze erreicht wird, an der der vorgespannte Stab seine Form „gerade noch“ halten kann.
Jetzt habe ich mein Ziel erreicht, die maximale Ausdehnung im Raum und größte Schwingungsfähigkeit zu finden.
Die Grundschwingung dauert nun 3,3 Sekunden lang und wiederholt sich einige Minuten lang, bis der Stab wieder zur Ruhe kommt. “(Beim großen Orbital im Botanischen Garten dauert die Grundschwingung 10 Sekunden, das Abebben der Schwingung 10 bis 15 Minuten.) Dabei entscheiden die Form und die Verteilung der Massen im Raum, um welche Achsen sich die verschiedenen Eigenschwingungen ausbilden: Die Grundschwingung in Richtung des ersten Bogens, die erste Oberschwingung quer dazu in Richtung des zweiten Bogens, eine Drehschwingung um die Mittelachse, eine Auf- und Ab-Schwingung.
Es kommt aber auf die äußere Anregung – den Impuls – an, welche Schwingungen sich letztlich entwickeln. Beim kleinen Orbital ist es der Betrachter als Akteur, beim großen der Wind. Ein Windstoß besteht aus vielen Wirkkomponenten, wie Schub, Rotation, Auftrieb, die aus wechselnden Richtungen und in unterschiedlichen Stärken auftreten können.
Der Wind versetzt das Orbital in verschiedene Schwingungsmodi. Da diese sich ungestört überlagern, wird daraus im Verlauf ein komplexes Schwingungsbild.
Lässt ein Betrachter sich auf die Bewegungen der Skulptur ein, kann er Freude daran entwickeln, innerlich „mitschwingen“.
Besonderheiten beim Bau des großen Orbitals
Das große Orbital ist genauso aufgebaut wie das kleine und hat die gleiche Anzahl an Bögen.
Das ging aber nur, wenn es nicht zu schwer sein würde, also habe ich es aus Rohr und mit unterschiedlichen Wandstärken gebaut. So konnte ich das Gewicht um 500 kg verringern.
Damit die Rohrschlange sich aber unter Einwirkung der Schwerkraft in der gewünschten Form halten kann, mussten wir die Form „vorspannen“, sonst würde die Skulptur um fast zwei Meter zusammensacken.
Das „Vorspannen“ der 46 Meter Rohr war die größte technische Herausforderung. Dazu musste jedes Rohrsegment unterschiedlich stark, manchmal links, manchmal rechts herum, verdreht werden.
Da ich so eine große Biegevorrichtung nicht hatte, musste ich das mit Hilfe der Technik des „Flammrichtens“ machen, also die Rohre an unterschiedlichen Stellen erhitzen und abkühlen. Das gelang aber nur, wenn wir dabei die anderen, frei hängenden Bögen mittels Kran anhoben und damit das Gewicht fernhielten.
Ein enormer Arbeitsaufwand von mehreren Monaten in Außenarbeit.
Umso sensationeller war es, als wir schließlich nach 2 Jahren Arbeit zum ersten Mal einen Schwingungsdurchgang es Orbitals beobachten konnten.
Wollen Sie, dass die Skulptur “Orbital” im Botanischen Garten Jena dauerhaft einen Platz findet? Dann wenden Sie sich bitte per Mail direkt an den Künstler Martin Willing und erfahren Sie mehr über Möglichkeiten der Unterstützung.
Das Wesen meiner Skulpturen
von Martin Willing
Das zentrale Thema meiner Arbeit ist die Wechselwirkung von Form und Bewegung im Raum: Wie behauptet sich eine bestimmte Form / dreidimensionale Struktur gegen die Erdschwere, wie dehnt sie sich, wie krümmt sie sich und welche Schwingungen kann ich durch meine Bearbeitung der Skulptur „entlocken“.
Indem der Betrachter selbst die Skulptur in Schwingung versetzt, kann er erfahren, dass das Material Metall nicht, wie er eigentlich erwartet nur massiv, schwer und formstabil, sondern vielmehr elastisch, spannungsgeladen und beweglich sein kann, wenn es entsprechend ausgeformt ist.
Ich versuche, die Schwingungen meiner Skulpturen so langsam wie möglich werden zu lassen, indem ich die Form so weit in den Raum „spanne“, wie es die Statik gerade noch erlaubt.
„Spannen“ heißt, ich muss bereits beim Herstellen der Form die Schwerkraft mitdenken, die Stäbe oder Bänder also derart vorformen, dass diese im Schwerefeld der Erde ihre perfekte geometrische Gestalt (Kugel, Kegel, Kubus etc.) annehmen.
Eine große technische Herausforderung besteht darin, wie ich eine bestimmte Form aus Metall herstellen, formen, wie ich sie vorspannen kann, damit sie der Schwerkraft „trotzen“ und ihre Schwingung entfalten kann. Ich arbeite deshalb meistens „unter Schwerkraft“, ein Prozess, der lange dauert und eine Menge Geduld erfordert.
Oft muss ich für eine bestimmte Skulptur spezielle Werkzeuge entwickeln und bauen.
Auch Kenntnisse über die Eigenschaften des Metalls sind wichtig, helfen mir, das zwar dehnbare aber zugleich sehr harte Material in die gewünschte Form zu bringen. Hochfeste Metalle haben ein Formgedächtnis, welches ich erst durch Überformen „löschen“ muss, damit die Skulptur formstabil wird.
Der Betrachter kann die Vorspannung beim fertigen Objekt nicht direkt sehen, kann aber mit etwas Gespür und Überlegung erahnen, dass das Werk etwas in sich trägt, nämlich die ins Material eingebrachte Spannung, die die Skulptur von der Schwerkraft befreit hat, in der Schwebe hält.
Indem man die Arbeit nun – durch einen kleinen Impuls, wie ihn auch der Wind erzeugt – aus der Ruhe befreit, in Bewegung bringt, beginnt die vermeintlich starre Konstruktion zu schwingen.
Dies geschieht auf besondere und oft unerwartete Weise und zwar abhängig von der Verteilung der Massen im Raum, ihrer Orientierung zur Schwerkraft. Nun kann auch im Innern des Beobachters, besonders wenn er nach der rein kontemplativen in eine bewusst aktive Haltung wechselt, eine (seelische) Schwingung entstehen, die sich in Staunen, Begeisterung und Freude äußert.