7. Zwischen Ort und Nicht-Ort: Ambivalenzen am Westbahnhof

Im Jahr 2011 eröffnete sich dem Jenaer Kunstverein durch ein Angebot der Schott AG die Möglichkeit, eine ehemalige Lagerhalle in unmittelbarer Nähe des JenaerWestbahnhofs zu nutzen. Bis 2009 war die Halle im Besitz der Bahn AG und wurde durch den soziokulturellen Verein Caleidospheres erfolgreich genutzt. Nach Verkauf des Geländes an die Schott AG kam ein Mietverhältnis zwischen dem Verein und dem neuen Besitzer nicht mehr zustande.

Außen- und Innenansicht der Lagerhalle, zeitweise auch als Proberaum des Theaterhauses Jena genutzt. Fotos: Marcel Klett

Trotz der kulturpolitisch betrachtet unglücklichen Ausgangssituation – schien es doch, als verdränge ein Kulturverein den anderen – waren Angebot und Zukunftsperspektiven des Ortes vielversprechend. Die Halle bot viel Platz für die Präsentation zeitgenössischer Kunst, die in spannenden Kontrast zu der schlichten, großräumigen Industriearchitektur der Halle aus dem frühen 20. Jahrhundert treten sollte. Für die mittelfristige Nutzung wurde ein studentischer Architekturwettbewerb an der Fachhochschule Erfurt ausgeschrieben. Der Siegerentwurf wurde zum Sommerfest des Kunstvereins, das in der Lagerhalle stattfand, prämiert.

Siegerarbeit des Wettbewerbs zur “Kunstlagerhalle” von Christoph Ferrenner, Alena Pape und Steffi Ruch © FHE/ Deckert/dma

Zudem wurden die Ergebnisse des Symposiums „Stadt Land Fluss“ gezeigt, das sich der zeitgenössischen Landschaftsmalerei widmete. Ein vielversprechender Start.

Lichtinstallation von Stefan Carl, angefertigt zum Sommerfest des Jenaer Kunstvereins. Heute befinden sich die Lampen im Trafo – einen sich etablierenden Kulturort Jenas. Foto: Jenaer Kunstverein

Allerdings verloren sich die Zukunftspläne schnell, da die Schott AG das ursprüngliche Konzept zur Bebauung des ehemaligen Bahngeländes einstellte.
Nach achtjährigem Leerstand wurde die Güterhalle schließlich im Jahr 2019, neben weiteren Industriebauten am Westbahnhof im Zuge des Neubaus des Unternehmenssitzes der Zeiss AG, abgerissen. Für 350 Millionen Euro entsteht auf dem ehemaligen Industriegelände der Schott AG und der Zeiss AG oberhalb des Westbahnhofs ein großflächiger Gebäudekomplex, der Jena zum High-Tech-Standort ausbauen soll. Im Jahr 2024 ist die Fertigstellung geplant.

Der Entwurf des neuen Zeiss-High-Tech-Standorts in der Gesamtansicht. Foto: Zeiss

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